Projektionsobjektive sind eine spezialisierte Kategorie der Optik, die dazu entwickelt wurde, ein Bild von einer Lichtquelle auf eine Leinwand oder eine andere Fläche zu projizieren. Im Gegensatz zu Kameraobjektiven, die ein Bild auf ein lichtempfindliches Medium (Film oder digitalen Sensor) abbilden, kehrt ein Projektionsobjektiv diesen Prozess um: Es nimmt ein vorhandenes, meist kleines Bild und vergrößert es auf eine deutlich größere Fläche.
Wichtige Merkmale:
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Keine Blende oder Fokussierring: Die meisten Projektionsobjektive – insbesondere für Dia- oder Filmprojektoren – besitzen weder einen Fokussierring noch eine verstellbare Blende. Der Objektivtubus wird innerhalb des Projektorgehäuses vor- und zurückbewegt, um die Schärfe einzustellen. Lichtquelle und Bild (Dia oder Filmkader) sind im Projektor fixiert, und das Objektiv projiziert dieses Bild lediglich.
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Optimiert für einen bestimmten Abbildungsmaßstab: Während ein Kameraobjektiv über einen großen Entfernungsbereich – von Nah bis Unendlich – gute Leistung bringen muss, ist ein Projektionsobjektiv für einen bestimmten Maßstabsbereich optimiert: von einem kleinen Bild zu einer großen Projektion. Dies erlaubt ein einfacheres Design, das für diesen einen Zweck stark korrigiert ist.
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Ebenenfeld-Korrektur: Das wichtigste Merkmal eines guten Projektionsobjektivs ist seine Fähigkeit, ein perfekt ebenes Bild zu erzeugen. Ein gekrümmtes Bildfeld würde dazu führen, dass das Zentrum scharf, die Ränder und Ecken jedoch unscharf wären. Besonders bei Diaprojektoren ist dies entscheidend, da das gesamte Bild gleichzeitig scharf sein muss.
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Hohe Lichtdurchlässigkeit: Damit ein helles Bild auf einer großen Leinwand entsteht, sind Projektionsobjektive auf hohe Transmission ausgelegt. Sie besitzen oft eine große Anfangsöffnung (z. B. f/2,5 oder f/2,8) und eine aufwendige Vergütung, um Lichtverluste durch Reflexionen zu minimieren.
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Minimale chromatische und sphärische Aberration: Ein gutes Projektionsobjektiv korrigiert Farbfehler (Farbsäume) sowie sphärische Aberration (Schärfeverlust). So entsteht ein sauberes, scharfes Bild mit korrekter Farbwiedergabe.
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Spezifische optische Designs: Viele Projektionsobjektive nutzen ein symmetrisches oder annähernd symmetrisches optisches Design, etwa das Tessar oder eine sechslinsige Gauß-Formel. Diese sind besonders geeignet für ein ebenes Bildfeld mit minimaler Verzeichnung.
Typen:
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Diaprojektor-Objektive: Für Standbilder, meist mit kurzen bis mittleren Brennweiten (ca. 85–150 mm, aber auch bis 300mm). Sie sind bekannt für ihre Schärfe und Ebenfeld-Korrektur. Berühmte Beispiele sind die Leica Colorplan- und Hektor-Reihen.
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Filmprojektor-Objektive: Für bewegte Bilder. Oft mit langem Tubus und komplexem Aufbau, um die starke Hitze und Lichtleistung eines Filmprojektors zu bewältigen.
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Episkop-Objektive: Entwickelt zur Projektion reflektierter, nicht durchscheinender Vorlagen.
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Digitale Projektor-Objektive: Moderne Systeme (DLP, LCD) mit komplexem, mehrgliedrigem Aufbau, optimiert zur Minimierung von Farbsäumen und Verzerrungen, um ein scharfes, helles Bild von einem digitalen Sensor zu erzeugen.
Heute nutzen viele Fotografen alte Projektionsobjektive an modernen Kameras, um einen einzigartigen Look zu erzielen. Vorteile sind unter anderem:
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Große Lichtstärke: Projektionsobjektive sind für hohe Transmission ausgelegt. Extrem lichtstarke Varianten sind besonders im Großformatbereich selten, sehr alt (vor 1900) oder teuer.
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Wirbel-Bokeh: Manche, vor allem ältere Objektive, erzeugen außerhalb der Spezifikation ein charakteristisches „swirly“ oder „vortex“-Bokeh im Unschärfebereich, das für kreative Porträts sehr geschätzt wird.
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Hohe Schärfe und Kontrast: Da sie stark korrigiert sind, liefern viele Projektionsobjektive – insbesondere von renommierten Herstellern – eine beeindruckende Schärfe und Kontrastleistung auch beim Einsatz als Kameraobjektiv.
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Erschwinglichkeit: Im Vergleich zu fotografischen Objektiven sind Projektionsobjektive auf dem Gebrauchtmarkt meist günstig und bieten eine interessante Möglichkeit, mit Vintage-Glas zu experimentieren.
In Summe, Projektionsobjektive sind eine Klasse von Optiken, die ein scharfes, ebenes und helles Bild auf eine Leinwand projizieren. Auch wenn ihr ursprünglicher Zweck ein anderer ist als der von Kameraobjektiven, haben ihre besonderen optischen Eigenschaften dazu geführt, dass sie bei Fotografen, die Vintage-Glas kreativ einsetzen möchten, sehr beliebt geworden sind.
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